Trümmerfrauen

Trümmerfrauen

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unserer Gedenkveranstaltung für die Berliner Trümmerfrauen speziell und die Trümmerfrauen Deutschland-weit.

Seit 1988 führt der Senioren-Schutzbund Graue Panther Berlin e.V. jährlich am 09. Juli eine Gedenkveranstaltung für die Berliner Trümmerfrauen am Trümmerfrauen-Denkmal hier in der Hasenheide durch und hat aus diesem Anlass Forderungen für eine Altersabsicherung der Trümmerfrauen in ganz Deutschland. Unser Treffen heute findet also zum 30. Male statt!

Der Gedenktag 9. Juli ist ein beklemmendes Datum, denn an diesem Tag beendete 1987 eine damals 66 Jahre alte Trümmerfrau, Ruth-Silvia Niendorf, aus Berlin durch Aufhängen an der Türklinke ihr Leben. Der Anlass war eine Mieterhöhung von 76 DM, die sie meinte nicht verkraften zu können und die Scham über ihre Altersarmut. Sie bezog eine Rente von ca. 700 DM. – Einen Monat vorher, am 12.06.1987 war sie noch dem damaligen US-Präsidenten, Ronald Reagen, als eine von fünf Trümmerfrauen vorgestellt worden. Mit einem Händedruck von Präsident Reagan sollte ihnen stellvertretend für alle anderen Trümmerfrauen für den Wiederaufbau nach Kriegsende gedankt werden, während die meisten von ihnen im Alter unversorgt dastanden, weil die Politik, über die Sonntagsreden hinaus, nie daran dachte, ihnen ein menschenwürdiges Dasein im Alter zu ermöglichen.

Selbst jetzt, wo die Anzahl der noch lebenden Trümmerfrauen aus dieser Zeit schon sehr stark dezimiert ist, gibt es immer noch keine Altersabsicherung für die noch Lebenden. – Diese Frauen mussten mit leerem Magen, für wenige Pfennige am Tag arbeiten, Steine klopfen, Schutt wegräumen, ohne dass ihnen diese Zeit für die Rentenversicherung angerechnet wurde.

Sie waren die ersten, die die Straßen wieder gangbar machten, einsturzgefährdete Trümmer absicherten, neues Leben in den Ruinen ermöglichten. Aber an eine Ehrenrente für die Frauen dieser Generation hat nie jemand gedacht.

Dabei muss bedacht werden, dass die Ehemänner oder Freunde dieser Frauen oft im Krieg geblieben waren und ein Großteil von ihnen aus „Männermangel“ nicht wieder heiraten konnte, weshalb die übliche Versorgung durch eine Witwenrente bei ihnen wegfiel.

Renten aus eigenem Erwerbsleben aber waren in jedem Falle immer sehr gering, da Frauen in der Nachkriegszeit noch viel geringer als Männer bezahlt wurden und der Unterschied noch größer war, als das heute der Fall ist.

Dieser - von den „Grauen Panthern“ und von deren Gründerin, Trude Unruh, geforderte und durchgeführte Trümmerfrauen-Gedenktag soll an die Frauen erinnern, die Deutschland vom Kriegsschutt befreiten und den Wiederaufbau einleiteten und die bis zum heutigen Tag in Armut leben müssen, weil dieser Wiederaufbauarbeit auch unter den jetzigen Regierungen nicht Rechnung getragen wird. Wir fordern für die noch Lebenden eine Mindestrente von 1250 €, ein Betrag, der bei der Beamtenversorgung als Armutsgrenze gilt.

Auch uns ist bekannt, dass im letzten Jahrzehnt wissenschaftliche Studien an den Universitäten in Auftrag gegeben wurden, die den „Mythos Trümmerfrauen“ kritisch untersuchen sollten, mit dem Ergebnis, dass auch viele andere Bevölkerungsgruppen an den Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten beteiligt waren. Das soll auch gar nicht bestritten werden. – Tatsache ist aber, dass die ersten Helferinnen in der Stunde Null nach dem Kriegsgeschehen bis heute an der Armutsgrenze leben müssen. Und wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, dies für die jetzt noch Lebenden zu ändern!

gez. Jutta Jaura, 09. Juli 2018
Senioren-Schutz-Bund (SSB) „Graue Panther“ Berlin e.V., Vorstandsmitglied